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Leben und Arbeiten in der Türkei

In den Sommersemesterferien ein Praktikum in Istanbul absolvieren - ist das nicht ein Traum?

Ich werde ab und zu mal zum Thema Praktikum in der Türkei angesprochen. Einige Studenten würden gerne ihr persönliches Interesse an der Türkei mit dem Studium bzw. einem Praktikum verbinden und so zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen.
Allerdings muss man dabei einiges berücksichtigen, weil auch die rechtliche Lage hier anders liegt. Genauer gesagt, kennt das Gesetz das Praktikum gar nicht. Erst seit einigen Jahren werden in der Türkei Praktikumsplätze angeboten und das meistens von Großkonzernen. Diese Plätze sind jedoch nur für Pflichtpraktika reserviert und für Studenten, die an einer türkischen Universität eingeschrieben sind. Mit einer Bescheinung der Universität können die Studenten kostenlos sozialversichert werden, wodurch für die Unternehmen keine weiteren Verpflichtungen entstehen. Und das ist der Knackpunkt.

Praktika werden nicht bezahlt

Die Sozialversicherung und die wenigen Unternehmenspflichten gelten nur für den Zeitraum der Bescheinigung. Falls ein Unternehmen einen freiwilligen Praktikanten nehmen will, dann muss er ihn wie einen Angestellten behandeln und sozialversichern. Außerdem muss dann der Mindestlohn bezahlt werden, das die meisten Unternehmen nicht wollen. Der bürokratische Aufwand für eine dreimonatige Tätigkeit ist einfach zu hoch und rechnet sich nicht.

Hinzu kommt, dass Praktikanten nicht bezahlt werden. Der Student bzw. die Familie muss das Praktikum finanzieren. Der maximale Entlohnung würde die Kostenerstattung für das Mittagessen und die Fahrtkosten umfassen. Daher sollte man sich unbedingt eine Bescheinigung besorgen, dass von den örtlichen Behörden anerkannt wird und die Unternehmen kein Problem haben, Euch als Praktikanten anzunehmen. Die Finazierung ist das zweite Problem, das jeder selber lösen muss.

Praktikantentätigkeiten gemäß den Vorurteilen

Leider gelten hier noch die klassischen Vorurteile für Praktika. Meist wird viel kopiert, Ablage gemacht und Tee geholt. Die Tätigkeiten können eintönig und langweilig sein. Da solltet Ihr gewarnt sein. Besondere Herausforderungen oder Projekte sind eher die Ausnahme und man sollte sie nicht erwarten. Bei meinem Praktikum bei L’Oréal habe ich Kunden besucht und habe den Produktmanager im Urlaub vertreten. Das wird in der Türkei nicht der Fall sein. Als Marketingleiter bei Osram Türkei hatte ich auch mal einen Praktikanten für 6 Wochen. Ich habe ihm einige interessante Aufgaben, paar kleine Projekte und ein großes Projekt gegeben, das er frei gestalten konnte. Er war sehr überrascht, dass er soviel Verantwortung bekommen hat. Es war ungewohnt.

Es kann trotzdem ein Traum sein ein Praktikum in Istanbul zu absolvieren. Nicht nur, weil es im Lebenslauf gut aussieht, sondern weil die Aufgaben wahrscheinlich nicht überfordern werden (wenig Stress, keine Überstunden) und man dafür Zeit hat, sich um andere Sachen zu kümmern wie Sightseeing und Party. Eine Bereicherung für die persönliche Entwicklung ist auf jeden Fall. Wenn Ihr die Chance habt, nutzt sie.
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